Ziehen Touristen ein, geht es mit dem Frieden in manchen Wohnhäusern rapide bergab.

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Knatternde Rollkoffer, Möbelrücken, nächtlicher Partylärm und ein heilloses Durcheinander im Müllraum: In manchem Wiener Wohnhaus gehört das zum Wohnalltag, weil eine oder mehrere Wohnungen auf Airbnb an Touristen vermietet werden.

Deshalb herrscht mitunter dicke Luft zwischen Eigentümern. Vor wenigen Tagen sorgte ein Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt für Aufsehen, das eine Wiener Airbnb-Vermieterin in die Schranken wies. Sie hatte zwei ihrer drei Wohnungen auf der Plattform vermietet, ihre Miteigentümer aber nie um ihr Einverständnis gefragt. Dieses ist nötig, wenn man kurzfristig – bis zu 30 Tage – gewerblich vermieten möchte. Die findige Vermieterin wollte das umgehen und vermietete nur noch mindestens 31 Tage. Ein Miteigentümer bekam nun vor Gericht mit seiner Unterlassungsklage recht. Der Richter präzisierte: Als kurzfristig seien Vermietungen bis zu einer Mietdauer von sechs Monaten zu erachten.

"Das Urteil gibt eine gewisse allgemeine Tendenz wider", sagt Felix Neuwirther, ein auf Immobilienrecht spezialisierter Rechtsanwalt bei Freshfields. Die Stimmungslage habe sich merklich eingetrübt, weil die Vermietung von Wohnungen an Touristen für manche zum Investment geworden sei. Speziell im Neubau würden manche Wohnungen heute als "Airbnb-taugliche Investments" erworben.

Vertrag überprüfen

Die Zustimmung aller Miteigentümer zur temporären Vermietung wird in solchen Projekten schon im Wohnungseigentumsvertrag festgelegt. Für Wohnungskäufer sei daher wichtig, diesen Vertrag genau zu studieren, um böse Überraschungen zu vermeiden, warnt Neuwirther.

Zur Wehr setzen können sich genervte Nachbarn, indem sie Unterlassungsansprüche geltend machen. Neuwirther empfiehlt, das touristische Kommen und Gehen im Haus zu dokumentieren, auf Airbnb Informationen zur Nachbarwohnung und ihrer Verfügbarkeit zu sammeln und Zeugen zu suchen. Eine weitere Möglichkeit gibt es, die widmungswidrige Airbnb-Vermietung zu unterbinden. Seit der jüngsten Novelle der Wiener Bauordnung darf in Wohnzonen keine gewerbliche Vermietung mehr stattfinden.

Im online einsehbarenFlächenwidmungs- und Bebauungsplan der Stadt Wien sind diese Zonen mit roten Punkten gekennzeichnet. Sie erstrecken sich über weite Teile innerhalb des Gürtels. Werden in einem Haus in einer solchen Zone Wohnungen trotzdem auf Airbnb vermietet, so kann – auch anonym – Anzeige bei der Baupolizei erstattet werden. Dieser wird nachgegangen und der Wohnungseigentümer zu einer Stellungnahme aufgefordert. 80 Anzeigen sind seit Inkrafttreten der Novelle vor rund einem Jahr eingegangen, sagt Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei.

Gilt die verbotene gewerbliche Vermietung als erwiesen, wird dem Wohnungseigentümer ein Bescheid zugestellt, dass die Vermietung zu unterlassen ist. Auch Geldstrafen sind möglich. Gegen den Bescheid können Rechtsmittel eingelegt werden, einige dieser Fälle liegen derzeit laut Cech beim Verwaltungsgericht.

Judikatur fehlt

Einfach ist die Beweisführung nicht. "Je mehr Infos wir bekommen, desto besser", sagt Cech – etwa an welchen Tagen Touristen im Haus angetroffen wurden. Derzeit fehle aber noch die Judikatur dazu, was als Beweis zählt und was nicht.

Klar ist: Dem Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt werden weitere folgen. Dass Airbnb in Wien bald der Vergangenheit angehört, glaubt Anwalt Neuwirther dennoch nicht. Denn wer die Zustimmung der Miteigentümer erlangt, darf auch weiterhin an Touristen vermieten. Diese Zustimmung sei zwar in größeren Wohnhäusern schwierig zu bekommen, möglich sei das aber in Form eines Interessenausgleichs, der beispielsweise von der Hausverwaltung moderiert wird. "Das kann ein Anstoß für die Bewohner sein, sich wieder einmal an einen Tisch zu setzen, um aktuelle Probleme zu bewältigen", glaubt Neuwirther. (Franziska Zoidl, 13.12.2019)